Falls ein paar wenige unter Ihnen sich mal vorab bei ihrem Arzt, Friseur oder Volkshochschulkurs entschuldigt haben, werden sie verwundert festgestellt haben, dass man sich dort mehr als notwendig bedankt.
Es ist eben nicht mehr selbstverständlich sich zu entschuldigen.
Wer jetzt vom Thema ablenken will, kann an dieser Stelle kurz einwerfen, dass man sich gar nicht selbst entschuldigen kann. Im Sinne des Wortes jedenfalls nicht. Die Schuld kann immer nur ein anderer von einem nehmen. Man entschuldigt sich also nicht, sondern man bittet um Entschuldigung.
Zurück zum Thema:
Es ist eben nicht mehr selbstverständlich um Entschuldigung dafür zu bitten, dass man jemand anderem Aufwand bereitet, die Zeit verschwendet, ja gar Geld kostet.
Zu Zeiten der DDR hing in der Großsteinberger Filiale der „PGH Ihr Friseur“ ein Schild mit der Aufschrift:
„Überlege ehe du hast bestellt, denn dein Nichterscheinen kostet die PGH viel Geld.“
Nun, es reimt sich zwar so halbwegs, aber für den „Heinrich-Heine-Preis“ hätte es wohl nicht gelangt.
Trotzdem hat der Dichter mit seinem kurzen Werk prägnant eine Kausalität dargestellt, die ihres Gleichen sucht. Wenn ich einen Termin vereinbare, dann bin ich zu 50% dafür verantwortlich.
Verantwortung für das eigene Handeln – noch so etwas, was langsam aus dem Bewusstsein gegraut wird. Na, dazu lass ich mich auch mal noch aus.
Jetzt geht es mir einfach darum, mal wieder klar zu machen, dass es mehr als gegebene Höflichkeit ist, einen Termin auch abzusagen, wenn man ihn nicht wahrnehmen kann.
Haben Sie in letzter Zeit versucht mal einen Augenarzttermin zu bekommen? Da müssen Sie zunächst das Jahr klären. Blöd nur, wenn zwar kurzfristig etwas frei wäre, aber der Patient es nicht für nötig gehalten hat abzusagen.
Der Arzt wird es sicher verschmerzen. Anders sieht es dagegen z.B. beim Friseur aus. Wenn da die Dauerwelle einfach nicht kommt und die Angestellte in der Zeit nur den Laden fegt, kostet das richtig Geld. Das gilt heute mehr als in der DDR. Machen Sie das mal beim Rechtsanwalt. Der schreibt Ihnen eine Rechnung, wenn er umsonst auf Sie wartet. Das dann mit weniger Not als der Friseur, aber auch mit Recht.
Warum muss es denn immer Geld kosten, damit man ein paar Regeln einhält?
Keiner mag es versetzt zu werden. Befinden wir uns nicht im Informationszeitalter? – Informieren Sie! Rufen Sie mit dem Handy an! Senden Sie eine Mail! Twittern oder Whatsappen Sie! Was auch immer, aber teilen Sie Ihrem Terminpartner mit, wenn etwas dazwischen gekommen ist! Je eher, desto besser.
Aus der Rubrik „Karl Pfefferkorn (1897-1961) zieht vom Leder“