Lt. Wikipedia ist Kritik die “Beurteilung eines Gegenstandes oder einer Handlung anhand von Maßstäben”. Für mich gibt es da zwei entscheidende Punkte. Erstens: Man braucht Maßstäbe. Zweitens: Da steht nicht, dass Kritik negativ sein muss.
Der allgemeine Eindruck vom Begriff steht dem jedoch offensichtlich entgegen. Da bedeutet Kritik: Niedermachen ohne sachliche Auseinandersetzung.
Nehmen wir beispielsweise eine Filmkritik. Wenn ich mich im Internet auf Art des Web 2.0 informiere, sieht dies so aus: Viele User äußern ihren individuellen Eindruck, geben Ratings oder Punkte ab. Je mehr Leute es sind, umso besser ist der Konsens. Was mit meiner eigenen Intention übereinstimmt, muss ich aus der Vielfalt selbst heraus lesen. “Zu wenig Action” – Für mich nicht unbedingt das Kriterium. “Weicht stark vom Buch ab” – Vielleicht schade, weil ich es gelesen habe.
Bei einer Filmkritik in einer Zeitung ist das anders. Hier muss ich mich auf Fachkenntnis, Recherche und Objektivität verlassen können. Was nützt mir sonst die Meinung eines Einzelnen?
Der Kritiker oder die Kritikerin sollte sich also vor dem Film schon eingehend mit der Materie befasst haben. Wenn es eine Vorgeschichte oder ein Buch als Grundlage gab, dann müssen Experten dies kennen.
Wenn ich mich öffentlich an ein zahlendes Publikum wende und meine Meinung zu einem neuem Film kund tue, muss das sachlich, objektiv und mit Argumenten geschehen, welche ich belegen kann. Von einer kompetenten Kritik kann man mehr erwarten als vom beliebigen Eindruck irgendeines Zuschauers.
In welchen Film soll ich nun gehen? In einen, den sich ganz viele Leute gern angesehen haben, aber der von der Kritik verrissen wird oder in einen, der zwar floppt, aber den die Kritik für ein Kunstwerk hält? Liegt der Wert des Kritikers etwa darin, sich am weitesten von der Masse zu entfernen und damit zu zeigen, dass man eine Fachkenntnis besitzt, über die das gemeine Volk nicht verfügt? Ist es vielleicht nur das Gefühl eines Hauchs von Macht, Neues in den Himmel zu heben und Populäres abzuschießen? Wenn die Exponiertheit der Beurteilung selbst zum Kriterium wird, dann taugt sie nicht.
Gute Kritik ist sicherlich nicht leicht. Es heißt ja auch “Kritik üben”.
Man muss etwas nicht schlecht machen, nur, weil es viele Leute für gut befinden. Wenn doch, sollte man es ausreichend begründen. Dann sollte man die Buchquelle zum Film gelesen haben, die Schauspieler auch aus anderen Filmen kennen und wissen, wie eine Umsetzung besser angelegt gewesen wäre. Auf jeden Fall sollte man sich den Film auch wirklich angesehen haben. Klingt nach viel Recherche und jeder Menge Arbeit. Ja, das ist es. Das wäre aber dann auch die Qualität, für die man das entsprechende Druckerzeugnis gern bezahlen würde.
Schade, wenn dem nicht so ist.
Aus der Rubrik „Karl Pfefferkorn (1897-1961) zieht vom Leder“