“Klappern gehört zum Handwerk” Das bedeutet, dass man seine Arbeit auch anpreisen muss.
Die Werbung ist also keine neuzeitliche Erfindung. Aber sie ist in den letzten Jahrzehnten und in den letzten Jahren in unserer Welt immer umfangreicher geworden. Und wie das nun mal bei Informationen ist, die es im Überangebot gibt, so filtert unser Hirn das meiste davon heraus.
Also brauchen die Werbetreibenden unsere Aufmerksamkeit. Diese steht ihnen eher dann zur Verfügung, wenn wir in unserem hektischen Treiben innehalten (müssen). Wenn wir z.B. aus irgendeinem Grund warten müssen, dann kriegt uns die Werbung, weil wir gerade im Leerlauf tuckern.
Auf diese kleinen Lücken ist die Werbung scharf, denn dann kann sie zu uns gelangen.
Wo finden Sie die meiste Plakatwerbung? Sie finden Sie dort, wo für gewöhnlich gewartet wird. Das sind die Kreuzungsbereiche vor Ampeln, Haltestellen von Bus und Bahn, Kassenbereiche im Supermarkt und an Schranken in Parkhäusern.
Immer, wenn wir uns etwas Zeit nehmen – was im Prinzip dem Warten auf die nächste Aufgabe entspricht – , lauert Werbung auf uns: im Fernsehen, in der Zeitschrift, auf Webseiten.
Wo führt das hin? Welche Wartezeiten hat die Werbung noch nicht entdeckt?
Vor Kurzem kam mir ein erschreckender Gedanke. Ich wusste plötzlich, dass dies bereits im vollen Gange ist. Beim Blick auf den Ladebalken eines Downloads war mir alles klar.
Demnächst wird es passieren, dass mir in dieser Wartezeit Angebote gemacht werden. Das wird dann sicher auf die Ladezeiten abgestimmt: Bei kurzen Ladezeiten etwas für den kleinen Hunger zwischendurch, bei längeren vielleicht ein Buch und bei ganz langen eine Altersvorsorge.
Wahrscheinlich wird es dann auch ganz andere Finanzierungsmodelle für Software geben. Wenn sich das nächste Mal die Sanduhr auf dem Bildschirm dreht, wird Ihnen zusätzlich fröhliche Baumarktwerbung präsentiert.
Wir werden das wohl auch wieder geduldig hinnehmen, schließlich sitzen wir ja sowieso wartend am Bildschirm. Aber vielleicht trügt der Schein ja und wir warten nur, DAMIT man uns die Werbung zeigen kann. Vielleicht wird das schon seit langer Zeit vorbereitet. Es werden künstlich Wartezeiten geschaffen, die man später mit Werbung ausfülllen kann.
Ja, so muss es sein. Vielleicht liegt es aber auch nur an meinem lahmen Dorf-DSL, dass ich zuviel Wartezeit zum Nachdenken habe.
Aus der Rubrik „Karl Pfefferkorn (1897-1961) zieht vom Leder“