Wer bei “Rücksicht” nur an den deutschen Beitrag zum Eurovision Song Contest von 1983 denkt, der hat zwar ein bemerkenswertes Gedächtnis für unnütze Dinge, aber wohl wenig Sinn für soziale Grundregeln.
“Rücksicht” in diesem Sinne ist laut Duden “Verhalten, das die besonderen Gefühle, Interessen, Bedürfnisse, die besondere Situation anderer berücksichtigt, feinfühlig beachtet”.
Das ist schwer, zumal der Duden hier “Rücksicht” mit “Rücksicht” erklärt. So etwas passiert immer dann, wenn doch eigentlich jedem klar sein sollte, was gemeint ist.
Warum kaut der alte Mann aber nun auf dem Thema rum? Ganz einfach – Rücksicht ist etwas, was vom Aussterben bedroht zu sein scheint, obwohl es das Zeug hat, die Welt zu retten. Jedenfalls könnte man es viel schöner haben.
Nehmen wir ein kleines Teilgebiet – den Straßenverkehr. Hier ist die Rücksicht sogar gesetzlich als Grundregel verankert: “(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.[StVO §1]”.
Damit ist z.B. gemeint, dass der Autofahrer auch mal Rücksicht auf die Tatsache nimmt, dass es eine junge Mutter schwer hat zwei Kinder mit dem Fahrrad in die zu weit entfernte Kindereinrichtung zu bringen. Da fährt man nicht mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit haarscharf dran vorbei.
Da muss man schon mal die besondere Situation anderer berücksichtigen.
Wie aber berücksichtigt man die besonderen Gefühle, Interessen und Bedürfnisse von zwei Radfahrern in zu engem Beinkleid, welche quatschend nebeneinander auf teuren Statussymbol-Rädern zur besten Verkehrszeit nur so zum Vergnügen die Landstraße blockieren, neben der sich auch noch ein Radweg befindet?
Da hält einen doch nur das fünfte Gebot (nach Luther) ab.
Liebe Midlife-Crisis-Bewältiger! Ich habe Verständnis für eure Situation. Da müssen wir Männer alle mal durch. Ich weiß, ihr wollt Mitleid. Es ist aber nicht in Ordnung, Mitleid zu erzwingen und andere Verkehrsteilnehmer mit leiden zu lassen. Das macht es doch auch nicht besser. Denkt dran, dass Radfahren eine erektile Dysfunktion verursachen kann.
Geht besser ein Bier trinken. Das beachtet die besondere Situation der Wirtschaft sowie derer, die die Straße benutzen müssen, um von A nach B zu kommen und ist daher sehr rücksichtsvoll.
Aus der Rubrik „Karl Pfefferkorn (1897-1961) zieht vom Leder“