Halloween oder nicht

Nein, zu meiner Zeit haben wir kein Halloween gefeiert. Es gab Allerheiligen und den Reformationstag, den Tag vor Allerheiligen, an dem Luther seine Thesen an die Kirchentür genagelt hat. Diese Feste waren zu meiner Zeit modern.

Nun werden die ganz Schlauen sagen: „Halloween ist auch nichts anderes als Allerheiligen. Es kommt von ‚All Hallows Eve‘ (Aller Heiligen Abend), ist mit den Iren nach Amerika ausgewandert und von dort Anfang der 1990er wieder nach Europa gekommen.“ Naja,  Allerheiligen wiederum stammt aus der Zeit, als die Römer christlich wurden. Da wurde dann ein Tempel, der eigentlich „Allen Göttern“ gewidmet war neu geweiht. Solche Feste hat man aber zu einer schöneren Jahreszeit, nämlich im Mai veranstaltet. Irgendein Papst hat das Fest dann auf den ersten November verlegt, weil man ja auch ein Gegenstück zu den heidnischen Bräuchen um diese Zeit brauchte.
„Die Kelten!“, werden jetzt wieder die Schlauen rufen. Na, da gehen die Meinungen auch wieder auseinander. Da projizieren wir sicher unsere Wünsche etwas weit zurück in die Geschichte.

Fest steht, dass die Menschen früher mit der Natur stärker verbunden waren als heute. Man hat daher den Beginn und das Ende des Sommers auch schon immer gewürdigt. Das hat man zu jeder Zeit nicht zwingend aus Tradition, sondern immer passend zur jeweiligen Gesellschaft gemacht.

Wir leben jetzt in einer Konsumgesellschaft und feiern auf unsere Art diesen Zeitpunkt im Jahr. Das symbolträchtige und süßigkeitsschwangere Halloween macht sich da halt besser als Reformation oder Allerheiligen. Gummifiguren mit Kreuzen drauf, will doch keiner. Lachende Kürbisse oder Totenköpfe gehen da besser. Reformationsbrötchen sind für den Konsum zwar auch recht gut geeignet. Allerdings stimmen die Stückzahlen erst, wenn diese schon Wochen vorher in den verschiedensten Geschmacksrichtungen verkauft werden.

Nein, Halloween hat da entschieden mehr Möglichkeiten für die Konsumgesellschaft. Denken Sie nur an die vielen, billigen Kostüme, Hexen- oder Gespenstergetränke, -suppen, -knabbergebäck und –bonbons. Kürbis-, Skelett- und Spinnendeko, Laternen, Luftballon und Türkränze, Teelichter, Standfiguren und Fensterbilder, Hüte, Leuchtstäbe und Sammelbeutel, Halloweenpappteller, -becher UND: Halloween-Küchentücher (Gibt’s echt). Sowas geht mit besinnlicheren Festen wie Reformation oder Allerheiligen einfach nicht. Das muss man auch als Tradionsverfechter doch mal zugeben. Überhaupt, wenn wir das jetzt die nächsten 100-200 Jahre so machen, ist das dann auch eine Tradition. (Bei dem Gedanken graust es mich allerdings auch ohne Gespenster).

So, jetzt atmen Sie durch. Denken Sie daran, wenn es morgen Abend klingelt, dann stehen da ein paar Kinder in ihren gekauften Kostümen, mit ihren gekauften Beuteln und hätten gern ein paar gekaufte Süßigkeiten. Für die Kleinen ist das einfach ein Spaß und sie freuen sich darauf. Es ist denen sicher auch egal, ob das hier schon immer so gemacht wird oder erst seit 10 Jahren.

Wenn Sie unbedingt ein kleines Zeichen setzen wollen, dann geben Sie den Kindern ein paar Äpfel oder geputzte Möhren.

Schönen Feiertag!

Karl Pfefferkorn (1897-1961)
Karl Pfefferkorn

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