Gehören Sie auch zu denen, die gute Vorsätze für das neue Jahr haben? Dann wollen Sie bestimmt dieses Jahr mehr Sport treiben oder mehr Zeit mit der Familie verbringen.
Wenn Sie zu denen gehören, die gute Vorsätze hatten (Vergangenheit), wird es vielleicht der schon gescheiterte Versuch sein, mit dem Rauchen aufzuhören.
Wollen Sie Trost? Wie wäre es damit: „Vorsätze sind Mist. Vor Gericht ist Vorsatz immer strafverschärfend.“
Die Alternative zum Vorsatz ist übrigens die Fahrlässigkeit. Alles eine Frage der inneren Einstellung. Bei Vorsatz ist Ihnen schon klar, was passiert. Bei Fahrlässigkeit ist Ihnen das nicht klar. Wobei man noch unterscheidet, ob es Ihnen aber klar sein sollte (grob fahrlässig) oder nicht unbedingt.
Die Alternative zu den guten Vorsätzen für das neue Jahr wären also gute Fahrlässigkeiten.
Sie hätten also aus Versehen mit dem Rauchen aufgehört, weil Sie nicht aus dem Haus können, aber Ihre Vorräte vernichtet haben. Sagen wir, sie hätten die Zigaretten im Spülkasten verwahrt. –
Spülkasten kennen Sie nicht? Achja, die gibt es ja heute kaum noch (außer vielleicht im Gymnasium „St. Augustin“). Früher hing sowas im WC fast unter der Decke, mit einer Kette zum Ziehen dran. Ein gutes Versteck für alles, was wasserunempfindlich war oder zumindest wasserdicht verpackt. Da der Spülkasten oben offen war, war der Zugang einfach. Allerdings musste man meist erst auf den WC-Sitz steigen. Dafür war dieser nicht gedacht und das Erklimmen ohne Leiter und zusätzlichen Halt dürfte ebenfalls unter fahrlässig einzustufen sein.
Anderes Beispiel: Nehmen wir also an, Sie können das Haus nicht verlassen und hätten Ihre Jacke samt Zigaretten darin gewaschen. Ist das eher glaubhaft? – Ach, ist schon vorgekommen? – Dann weiter.
Sie haben also fahrlässig Ihre Bestände vernichtet und können keine neuen besorgen. Dann haben Sie also fahrlässig mit dem Rauchen aufgehört. Außer der Tabakwarenindustrie und dem daran ganz gut verdienenden Staat hätten Sie auch keinem geschadet. Also würde das Urteil für diese Fahrlässigkeit eher milde ausfallen.
Doch wie der Fall liegt, klappt das so sicher genauso wenig, wie mit den guten Vorsätzen.
Dabei war das so ein gutes Gefühl in der Zeit zwischen dem Moment, an dem Sie sich vorgenommen hatten am Silvesterabend die letzte Zigarette zu rauchen und ab dem neuen Jahr aufzuhören.
Und genau darum geht es doch, um das schöne Gefühl. Die anderen mit dem „mehr Sport“-Vorsatz haben das Gefühl noch. Es ist ja noch alles drin. Die haben noch fast das ganze Jahr Zeit damit endlich anzufangen.
Machen Sie es doch einfach so: Sie nehmen sich jetzt schon vor, 2015 mit dem Rauchen aufzuhören. Willensstark halten Sie diesmal durch, das ganze Jahr, bis Januar 2015. Dann haben Sie das ganze Jahr ein gutes Gefühl und müssen auf nichts verzichten, falls Sie nicht doch vorher fahrlässig werden.
Aus der Rubrik „Karl Pfefferkorn (1897-1961) zieht vom Leder“