Journalisten brauchen Schlagzeilen und lieben daher Schlagworte: Begriffe, die aussagekräftig, für jedermann verständlich und einprägsam sind.
Das hat sich seit der Entstehung des Boulevardjournalismus immer mehr verstärkt und uns schon so manches „Unwort des Jahres“ beschert. Es ist dabei nämlich egal, ob der Begriff exakt beschreibt, worum es geht.
Nehmen wir z.B. die „Fliegende Untertasse“. Dieser Begriff hat ziemlich erfolgreich eine Zeit lang die Abkürzung „UFO“ oder gar die vollständige Variante „Unbekanntes Flugobjekt“ (engl. unknow flying object) verdrängt. Heute setzen viele zumindest die Begriffe gleich. Damit ist dann jedes UFO eine fliegende Untertasse, was wiederum nur ein Raumschiff von einem anderen Planeten mit kleinen grünen Männchen sein kann und wer sowas gesehen haben will, der gehört in die Klapse.
Wenn ich im Frühjahr in den Garten gehe, sehe ich sehr viele mir unbekannte Flugobjekte. Das ist aber sicher kein Grund zur Einlieferung in eine geschlossene Anstalt.
Der Begriff „Fliegende Untertasse“ stammt aus einer Beschreibung des Piloten Kenneth Arnold von 1947, der ein Objekt gesehen hatte, welches nicht identifiziert werden konnte und dessen Bewegungsmuster Kenneth an Untertassen erinnerte, die man flach über das Wasser springen lässt (wie flache Steine).
Daraus machte der Interviewer “Fliegende Untertassen”.
Es ging um dieses eine Objekt. Aber der Begriff war aussagekräftig, für jedermann verständlich und einprägsam. Nur eben verfälschte er das Thema bis zur Lächerlichkeit. (Wenn Mr. Arnold ein Sachse gewesen wäre, dann würde die Welt heute von fliegenden Butterbemmen reden.)
Ähnlich verhält es sich mit dem „1-EUR-Jobber“. Wonach klingt „1-EUR-Jobber“? Das klingt nach einer armen Sau, die für nur einen Euro die Stunde arbeiten muss. Ich wette, dass das auch ein sehr hoher Prozentsatz antworten würde, sofern man mal eine Umfrage macht, was ein „1-EUR-Jobber“ ist.
Daher skizziere ich hier einmal kurz den korrekten Umstand: Der „1-EUR-Jobber“ bezieht bereits eine monatliche Unterstützung. Das Geld bekommt er über den Umweg Staat von den Leuten, die eine Arbeit haben und Steuern zahlen. Dafür muss er jetzt erst einmal nichts bis relativ wenig machen. Macht er dafür aber etwas, also einen „1-EUR-Job“, dann bekommt er zusätzlich zur gesicherten Unterstützung etwas mehr Geld. Rechnet man also sein vom Staat ausgezahltes Einkommen durch die Anzahl seiner Arbeitsstunden, dann liegt dies bei einem Mehrfachen eines Euros. Das ist natürlich nicht genug um reich zu werden, aber dafür auch nicht gedacht.
Schlimm ist nun, dass der Hartz-IV-Empfänger ohne „1-EUR-Job“ bei dieser Rechnung (Einkommen / Arbeitszeit) einen Stundenlohn hat, bei dem selbst Staranwälte erblassen würden.
Daher war die Idee, die Leute doch wenigstens eine kleine Gegenleistung erbringen zu lassen, der Gesellschaft zu nutzen und das Arbeiten nicht zu verlernen, eigentlich eine richtig gute Idee.
Trotzdem wird man als „1-EUR-Jobber“ sicher manchmal so belächelt, als hätte man behauptet eine “Fliegende Untertasse” gesehen zu haben.
Aus der Rubrik „Karl Pfefferkorn (1897-1961) zieht vom Leder“