Der Spruch “Der Weg ist das Ziel” erschien mir als Kind und auch noch als Jugendlicher ziemlich sinnlos. Damit konnte ich nichts anfangen. Später jedoch reifte der Gedanke, dass da doch etwas dran sein muss.
Die Motorradfahrer unter meinen Lesern haben da z. B. schon eher eine praktische Deutung. Die meisten betreiben das Fahren eines motorisierten Zweirades als reines Hobby. Es geht um das Fahren und nicht darum, von A nach B zu gelangen. Start und Ziel sind meist identisch.
Im “richtigen” Leben klappt das allerdings nicht ganz. Der Start ist die Geburt. Sie können es drehen wie Sie wollen, aber das “Ziel” bleibt ganz unvermeidlich das Ableben, der Tod. Dieses Ziel möchte man eigentlich gar nicht wirklich erreichen. Alle wollen alt werden, aber keiner älter.
Sie kennen vielleicht den Minicartoon (Quelle: unbekannt): Ein junges Paar schwört sich ewige Liebe und Treue und möchte zusammen alt werden. Es kommt eine gute Fee und weil die beiden sich so lieben, erfüllt sie den Wunsch – sofort.
Wir wollen das ultimative Ziel eigentlich gar nicht erreichen. Was bleibt dann? Der Weg. Es ist unser Weg durch das Leben, es sind die Zwischenstopps, die Etappenziele, die uns erfüllen können. Es geht darum, diese Wegstücke bewusst zu erleben. Fahren Sie nicht nur per Express durch ihr Leben! Nehmen Sie auch mal den Bummelzug! Schauen Sie bei dieser Bahnfahrt mal aus dem Fenster! Wechseln Sie das Abteil und treffen Sie andere Menschen! Leben Sie so, wie Sie gern gelebt haben wollen, wenn Sie angekommen sind. Stellen Sie sich vor, wo Sie sein wollen, wenn Sie am Ziel sind. Nun wählen Sie den Weg, der dahin führt!
Wenn Sie in einem Haus am See viele Enkel sehen wollen, dann sollten Sie sich vielleicht erst einmal einen Partner suchen und eine Familie mit Kindern gründen. Genießen Sie das Babygeschrei! Es wandelt sich in ein “Nein” der “terrible Twos”. Genießen Sie auch das! Man kann damit leichter zurechtkommen, als mit dem “Lass mich in Ruhe!” eines Teenagers. Nehmen Sie aber auch das gelassen und bewusst in sich auf. Es fehlt dann, wenn es im Haus ruhiger geworden ist, weil der Nachwuchs eigene Wege geht. Wenn Sie alles richtig gemacht haben und sich ihre Kinder gern an Sie erinnern, bekommen Sie sie und die Enkel dann auch öfter zu sehen. So ist das Leben. So ist der Weg. Er ist das eigentliche Ziel.
Aus der Rubrik „Karl Pfefferkorn (1897-1961) zieht vom Leder“